Von Gewaltfantasien bis zu Vorbereitungshandlungen: Ablauf einer Radikalisierung

Sechs Uhr morgens: Ein dringender Einsatz erschüttert ein modernes Quartier in einer Schweizer Stadt. Vor Ort: fedpol, die Hinweisen einer ausländischen Behörden folgt – um einen möglicherweise unmittelbar bevorstehenden dschihadistischen Anschlag zu verhindern.

Am frühen Morgen eines christlichen Feiertags bricht fedpol mit Unterstützung der örtlichen Einsatzkräfte die Tür einer Wohnung in einem modernen Quartier auf. Die Person, die in dieser Wohnung lebt, hat mutmasslich detaillierte Anleitungen zum Bau einer Bombe mit Hilfe von Vorläuferstoffen für Explosivstoffe angesehen. Weitere Indizien bringen die Ermittlerinnen und Ermittler auf die Spur eines möglicherweise unmittelbar bevorstehenden dschihadistischen Anschlags. Die Quelle von fedpol: Eine gut informierte ausländische Behörde.
Nur: Die gesuchte Person ist nicht zu Hause. Doch noch ist nicht aller Tage Abend. Es wohnen Verwandte in der Nähe. Die Polizei handelt diskret und flexibel – und hat Erfolg. Die Person ist dort und wird angehalten; es geht direkt zum Polizeiposten.

Die Einvernahme ist nicht sehr aufschlussreich. Dafür sprechen die sichergestellten Geräte für sich. Vor allem durch die Analyse eines privaten Chats gelingt es den Ermittlerinnen und Ermittlern, die Person besser zu erfassen. Knapp 1,5 Millionen Nachrichten hat Leotrim* in diesem Chat ausgetauscht. Die Suche nach der Nadel im Heuhaufen beginnt.

Dank der sorgfältigen Analyse wird fedpol Leotrims Radikalisierungsprozess immer klarer. In den Chats ist von Gewaltfantasien und einer Faszination für Waffen die Rede. Auch der Wunsch, in den Dschihad zu ziehen, kommt mehr als einmal vor.

Leotrim scheint auch offline gut vernetzt: Zwei Dschihadisten, beide fedpol schon bekannt, gehören zu seinem näheren Umfeld. Er scheint empfänglich für die Ideologien, wie sie solche Kreise propagieren. Die Ermittlungen zeigen, dass er mutmasslich Propagandavideos geschnitten und verbreitet hat. Es taucht ein Foto auf, auf dem er mit einem Messer in der Hand als Mudschahid posiert. Online sucht Leotrim nach Informationen, um Fantasien in die Realität umzusetzen. Im Internetverlauf sind Anleitungen zum Bau von Bomben und Zündern. Es scheint, als interessiere er sich für den Islamischen Staat (IS) und habe sich sich Dokumente angeschaut, die erklären, wie man in ein Kriegsgebiet reisen kann. Für fedpol passen all diese Indizien zusammen: Leotrim stellt eine Gefahr für die innere und äussere Sicherheit der Schweiz dar. fedpol verfügt eine Ausweisung als präventiv-polizeiliche Massnahme. Leotrim muss ausserhalb der Schweizer Grenzen auf sein Urteil warten. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung.

«Sicherheit ist Teamwork. Erst wenn wir unsere Kräfte bündeln, fügen sich die einzelnen Puzzleteile zusammen und ergeben ein vollständiges Bild. Im Kampf gegen den Terrorismus ist das essentiell.»

Fabio*, Ermittler Kommissariat Terrorismus

* Name geändert

Einreiseverbote und Ausweisungen

Terrorismus verhindern