Das Netzwerk Staatsverweigernder unter der Lupe
Reichsbürgerinnen, Reichsbürger und staatsverweigernde Gruppierungen sorgen in Deutschland für Aufsehen. fedpol beleuchtet mit Unterstützung der Kantone die Situation in der Schweiz: ein komplexes Bild von Ideologie, Ablehnung und potenzieller Gewalt – eine Herausforderung für Sicherheit und Gesellschaft.
Im Dezember 2022 nehmen deutsche Behörden eine entscheidende Aktion gegen Gruppierungen vor, die als Reichsbürgerinnen und Staatsverweigerer bekannt sind. Sie lehnen den Staat ab, planen einen Umsturz – und zeigen Verbindungen in die Schweiz. Um diese Verbindungen und Aktivitäten genauer zu beleuchten, stellt fedpol eine spezielle Arbeitsgruppe zusammen. Ihre Mission: detaillierte Analyse der Situation sowie Förderung der nationalen und internationalen Zusammenarbeit.
Um ein umfassendes Bild der Aktivitäten solcher Gruppen in der Schweiz zu erhalten, wendet sich fedpol unter anderem an die Kantone. Die Reaktion von 17 Kantonen liefert wertvolle Einblicke, auch wenn die Informationen fragmentarisch und in ihrer Form unterschiedlich sind. Trotz diesen Herausforderungen kristallisiert sich heraus, dass direkte Pläne für einen Umsturz in der Schweiz aktuell nicht zu erkennen sind.
Das Phänomen der Staatsverweigerinnen und Staatsverweigerer gewinnt in der Schweiz zunehmend an Sichtbarkeit. Sie lehnen die Autorität des Staates konsequent ab, erkennen Urteile nicht an und stellen sich gegen die Zusammenarbeit mit staatlichen Institutionen.
«Bei dieser Thematik zeigt sich besonders, wie zentral die Zusammenarbeit zwischen Kantonen, ausländischen Partnern und fedpol ist. Aber auch, dass interdisziplinäres Arbeiten zwischen verschiedenen Behörden und Funktionen immer wichtiger wird.»
Marco, Polizeilicher Fachspezialist
Einige Expertinnen und Experten vermuten, dass hinter den Aktivitäten der Reichsbürgerinnen und Staatsverweigerer auch finanzielle Motive stecken. Sie warnen vor Betrügereien und der Veruntreuung von Vermögenswerten durch Investitionen in sogenannte Fantasiebanken. Die Gruppierungen nutzen gezielt soziale Medien, um ihre Botschaften zu verbreiten, Seminare und Vorträge zu organisieren und neue Mitglieder zu gewinnen. Themen wie Esoterik, Verschwörungstheorien, Alternativmedizin und der selbst ernannte Status als «Mensch», der angeblich von jeglichen Verpflichtungen gegenüber Behörden befreien soll, stehen dabei im Mittelpunkt ihres Interesses.
Die Entwicklung dieser Bewegungen in der Schweiz befindet sich im Vergleich zu Deutschland und Österreich noch in einer frühen Phase. Es ist wichtig, Strukturen, Ideologien und Vernetzungen sowohl innerhalb der Schweiz als auch international zu verstehen. Nur so lassen sich Entwicklungen bis hin zu Unruhen oder gar gewalttätigen Aktionen frühzeitig erkennen – und bei Bedarf geeignete Massnahmen ergreifen. Die präventive Arbeit und der Informationsaustausch zwischen den Kantonen und auf internationaler Ebene spielen dabei eine zentrale Rolle.