Ein Spezialroboter untersucht den auf dem Bundesplatz parkierten Jaguar.

Das Herz der Demokratie  

Das Herz der Demokratie pulsiert – mal schneller und mal langsamer. Am 14. Februar 2023 scheint es für einen kurzen Moment stillzustehen.

Dienstag, 14. Februar 2023, 13.50 Uhr: Ein schwarzer Jaguar parkt mitten auf dem Bundesplatz. Gérard* steigt aus; gekleidet in Kampfmontur begibt er sich in Richtung Bundeshaus. Ebenfalls dorthin unterwegs sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundessicherheitsdiensts (BSD); um 14 Uhr fängt ihre Spätschicht an. Als sie aus dem Fenster ihres Autos zufällig Gérard erblicken, horchen sie auf.

Sie zögern nicht lange und halten ihn vor dem Besuchereingang des Parlamentsgebäudes an, führen eine Personenkontrolle durch. Wer ist der Mann? Warum trägt er eine Militär-kampfmontur? Was hat er in seinem Rucksack? Und was hat es mit dem leeren Pistolenholster, das er am Gürtel trägt, auf sich?

Gérard will zu Bundesrätin Viola Amherd, bleibt bei der Begründung aber schwammig. Auch wenn an diesem Tag keine Sessionssitzungen stattfinden, sind diverse Parlamentarierinnen und Parlamentarier, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie externe Gäste im Gebäude.

«Von aussen erscheint unsere Arbeit manchmal statisch. Aber mental sind wir sehr gefordert: Wir sind immer einsatzbereit, beobachten das Geschehen in der Umgebung genau und bewahren einen kühlen Kopf.»

Roberto, Einsatzleiter Bewachung

Der BSD lässt nicht locker; er umstellt Gérard, informiert den Einsatzleiter und führt zur Sicherheit einen Sprengstofftest durch. Positiv. In solchen Situationen gilt: sich eine Übersicht über die Lage verschaffen, unmittelbare Gefahren neutralisieren und jederzeit einen kühlen Kopf bewahren. Besonders weil das Szenario vom 14. Februar an die Vorgehensweise des verurteilten Rechtsextremisten Anders Behring Breivik in Oslo 2011 erinnert.

Breivik-Attentat

Breivik stellte am 22. Juli 2011 in Oslo einen Lieferwagen vor dem Regierungsgebäude ab. Im Lieferwagen befand sich eine Bombe – hergestellt aus Kunstdünger und Diesel. Bei der Explosion starben acht Personen; zahlreiche Gebäude wurden beschädigt.

Der BSD informiert unverzüglich die Kantonspolizei. Denn was sollen die Sicherheitskräfte im Fahrzeug erwarten, wenn ein Sprengstofftest von Gérard positiv ist? Jetzt gilt es, keine Zeit zu verlieren: Die Kantonspolizei Bern ordnet die Evakuierung des Bundesplatzes an. Gérard wird abgeführt. Die Inspektion des Fahrzeugs beginnt – mittels eines Roboters, der genau für solche Aufgaben vorgesehen ist. Nach mehreren Stunden heisst es aufatmen. Vom Fahrzeug geht keine Gefahr aus.

Ist Gérard ein Einzelfall? Nein. Das Bundeshaus und das Parlamentsgebäude als Symbol der Schweizer Demokratie stehen schon länger im Fokus von Bürgerinnen und Bürgern, die ihre Unzufriedenheit mit der Politik kundtun wollen. Die Coronapandemie sorgte für besonders grossen Unmut. Mitte September 2021, als wütende Bürgerinnen und Bürger versuchten, das Bundeshaus zu stürmen, war der bisherige Höhepunkt. Doch auch Einzelpersonen versuchen immer wieder, unerlaubte Gegenstände – von Schlagringen über Butterflymesser bis hin zu Munition – ins Bundeshaus zu schmuggeln. Um dort Schaden anzurichten?

Einsatzkräfte von fedpol in der Bundesmeile setzen sich täglich dafür ein, dass das Herz unserer Demokratie weiterschlägt, unbeschädigt – auch und vor allem in dieser fordernden Zeit.

* Name geändert

Das Netzwerk Staatsverweigernder unter der Lupe

Drohungen: rückläufig, aber mit besorgniserregendem Inhalt