Kein gutes Jahr für die Plofkraker
2024 ist das Jahr der rekordhohen Geldautomatensprengungen, aber auch der grossen Erfolge. Denn es klicken Handschellen, eine um die andere. Monatelange Ermittlungen führen zu Verhaftungen in Frankreich und der Schweiz.
Nach einem Rückgang im Jahr 2023 steigt die Anzahl der Geldautomatenangriffe Anfang 2024 in der Schweiz wieder an. Vor allem die Sprengstoffangriffe häufen sich. Zuerst im Süden Deutschlands, dann im Schweizer Jurabogen, anschliessend in Frankreich. Gesprengt wird so häufig wie noch nie. Die Täter? Eine Gruppierung bestehend aus erschreckend jungen Niederländern.
Eine andere fedpol bereits bekannte Gruppierung, die der Mocro-Mafia noch nähersteht, tritt ebenfalls aus dem Schatten. Die Gruppierung hatte sich bereits 2020 und 2021 in der Nordwestschweiz mit Geldautomatensprengungen einen Namen gemacht. Ende 2021 wurden einzelne Mitglieder in Frankreich verhaftet.
Was die beiden Gruppierungen verbindet: Sie gehen höchst professionell und gut vorbereitet vor. Die Plofkraker, wie sie in den Niederlanden genannt werden (auf Deutsch: die Explodierer), halten sich vor einer Sprengung längere Zeit in der Zielregion auf. Sie prüfen Fluchtwege, kundschaften die Geldautomaten aus. Als Rückzugsräume mieten sie Wohnungen und Hotelzimmer über gängige Plattformen. Sie überlassen nichts dem Zufall. In der Nacht schlagen sie zu.
Über 700 Kilometer trennen die Schweiz und die Niederlande. 8,5 Stunden Fahrzeit, wenn alles gut läuft. Für diesen langen Fluchtweg bereiten sich die Täter gut vor: In der Regel flüchten sie direkt vom Tatort mit einem E-Trottinett oder einem E-Scooter. Anschliessend steigen sie in ein hochmotorisiertes Fahrzeug um. Im Kofferraum verstauen sie Benzinkanister, damit die Flucht in die Niederlande ohne Halt gelingt. Die Tatfahrzeuge mieten sie über ominöse Firmen im Ausland oder in der Schweiz und zahlen meist bar. Nicht immer läuft alles nach Plan: Sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz sind einige Täter verunfallt. Dann bleiben das Fluchtfahrzeug und somit mögliche Ermittlungshinweise zurück. Gut für die Polizei.
Ermittlung, Beobachtung und Zugriff!
Dank intensivem Informationsaustausch zwischen fedpol, den französischen, deutschen und niederländischen Behörden zieht sich die Schlinge für die Gruppierung mit dem Fokus auf das Länderdreieck Deutschland, Frankreich und die Schweiz zu. Zwischen dem 6. und dem 9. September verhaften die französischen Behörden 13 Personen, darunter Logistiker, Späher, Fahrer und Sprenger.
Drei Monate später zieht sich die Schlinge auch für die zweite Gruppierung zu: Dank ressourcenintensiver Ermittlungs- und Zusammenarbeit mit der Bundesanwaltschaft, dem Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit, der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt und der Kantonspolizei Bern bleiben im Dezember die Tätigkeiten der Gruppierung nicht unbemerkt. Am 13. Dezember ist es dann so weit: Vier mutmassliche Täter werden in der Region Luzern festgenommen. Zusätzlich werden in einer Mietwohnung im Berner Oberland Sprengstoffpakete und Cobra-6-Knallkörper sichergestellt.
2024 hat es sich für einige der Plofkraker ausgeknallt. Aus erfolgreichen Operationen wie diesen entspringen wichtige Erkenntnisse für zukünftige Verhaftungen. Fortsetzung folgt…
«Die Ermittlungserfolge sind wichtig, und trotzdem zeigen die Erfahrungen aus dem Ausland: Geldautomatenangriffe lassen sich nicht nur mit repressiven Massnahmen bekämpfen. Wir müssen gemeinsam mit den Banken dafür sorgen, dass es erst gar nicht zu einer Sprengung kommt …»
Cristian*, Bundesermittler
* Name geändert