
Flucht ins Luxusparadies
Die Schweiz ist ein attraktives Ziel für organisierte Kriminalität, unter anderem für mafiöse Gruppierungen aus Südosteuropa. Die albanische Mafia schmuggelt Drogen und spannt dafür mit anderen Gruppierungen zusammen. Auf den Spuren von Driton* und Luca*, von Solothurn über Belgien, Spanien, Albanien, Italien nach Dubai.
Die Kriminalanalyse von fedpol zeigt, dass besonders die albanische Mafia eine zentrale Rolle im illegalen Betäubungsmittelhandel und -schmuggel in der Schweiz einnimmt. Sie vertreibt Kokain und Heroin. Allein? Ganz im Gegenteil: Südosteuropäische Tätergruppierungen suchen sich oft Verbündete. Das beste Beispiel dafür: Driton und Luca.
Driton und Luca wohnen im Kanton Solothurn und sind Teil eines kleinen Drogenhandelrings, der Heroin und Kokain in die Schweiz importiert und lokal verkauft. Das bleibt nicht unbemerkt: 2021 führten Ermittlungen der Kantonspolizei Solothurn, unter der Leitung der Staatsanwaltschaft Solothurn, zur Zerschlagung der Gruppe. 15 Kilogramm Drogen wurden sichergestellt. Doch die beiden Täter entwischen. fedpol unterstützt die Kantonspolizei bei der Zielfahndung und folgt den Spuren, die ins Ausland führen – nach Belgien und Spanien. Das ist kein Zufall: Die Täter haben vermutlich Kontakte in diesen beiden Ländern, die wichtige Einfallstore für Drogen aus Südamerika sind. Driton und Luca gelingt von Spanien aus die Flucht nach Albanien, Dritons Heimatland.
Nun arbeiten alle zusammen: die Zielfahnder von fedpol, der fedpol-Polizeiattaché im Kosovo sowie die albanischen Behörden vor Ort. Driton und Luca werden festgenommen. Luca wird aufgrund des hängigen Strafverfahrens der Solothurner Staatsanwaltschaft in die Schweiz ausgeliefert. In der Schweiz wird Luca für seine Straftaten verurteilt. Seine Geschichte endet hier. Driton hingegen bleibt ungestraft in Albanien zurück und ist nach wenigen Tagen wieder auf freiem Fuss.
Während die Schweizer Justiz weiterhin versucht, Driton zur Rechenschaft zu ziehen, ist dieser bereits zurück im Geschäft. Innerhalb von zwei Jahren ist er zum Mittelsmann aufgestiegen. Er ist neu verantwortlich für die Direktimporte aus Südamerika nach Westeuropa, in weitaus grösseren Mengen als damals in Solothurn. Driton organisiert den Transport von mehreren Hundert Kilogramm Kokain. Um die logistischen Routen für den Import zu organisieren, reist er in den Schengen-Raum, mit mindestens einer Falschidentität.
Interoperabilität im Schengen-Raum
Heute können die Schweizer Polizei-, Grenzkontroll- und Migrationsbehörden auf die Informationssysteme der Europäischen Union zugreifen, wie zum Beispiel auf das Schengener Informationssystem (SIS) und das Visa-Informationssystem (VIS). Jedes dieser Informationssysteme muss separat abgefragt werden. Ab 2027 reicht eine einzige Abfrage über das Europäisches Suchportal (ESP). Nicht nur das: Mit dem ESP wird ein Detektor für Mehrfachidentitäten zur Verfügung stehen. Das ESP zeigt Verknüpfungen zwischen den verschiedenen Informationssystemen auf und ermöglicht so das Aufdecken falscher oder mehrerer Identitäten.
Die albanische Polizei ist Driton erneut auf den Fersen: Als sie zugreift, ist er jedoch nicht auffindbar. Dank der biometrischen Identifikation und der Unterstützung des Polizeiattachés von fedpol wird festgestellt, dass er sich kosovarische Reisedokumente beschafft hat: Sie enthalten seine echten biometrischen Daten, aber den Namen einer anderen Person. Mit dieser neuen Identität gelingt ihm die Ausreise aus Europa.
Seine Zieldestination? Dubai. Driton bleibt nicht lange in seinem selbstgewählten Exil. Dank der Zusammenarbeit zwischen fedpol, der Staatsanwaltschaft Solothurn, den albanischen Behörden und den Verbindungsbeamten eines Partnerstaates wird Driton Anfang 2025 verhaftet. Die Auslieferung ist nur noch eine Frage der Zeit …
«Gartenzaun-Denken hat keinen Platz in der Polizeiarbeit. Direkte Kontakte vor Ort sind Gold wert und nicht ersetzbar. Das Netz der Polizeiattachés, das vor 30 Jahren ins Leben gerufen wurde, beweist dies immer wieder.»
Bertram, Polizeiattaché
Informationsaustausch: entscheidend für die Arbeit der Polizei