Editorial

Kriminalität kennt keine Grenzen – unsere Zusammenarbeit auch nicht
2. März 2024, Zürich: Ein Minderjähriger greift in Zürich auf offener Strasse mit einem Messer einen jüdischen Mann an und verletzt ihn lebensgefährlich. Der Islamische Staat, der Ende 2023 zu Anschlägen in Europa aufgerufen hatte, reklamiert die Tat umgehend für sich. Die Ermittlungen zeigen, dass sich der Minderjährige innert kürzester Zeit online radikalisiert hatte – ein besorgniserregendes Phänomen, das wir und unsere Partner zunehmend bei Jugendlichen in ganz Europa beobachten.
Radikalisierung vollzieht sich innert Wochen oder weniger Monate, getrieben durch soziale Netzwerke und digitale Resonanzräume. Hier braucht es nicht nur Ermittlungsarbeit, sondern vor allem Prävention. Dafür wurde 2017 beispielsweise der Nationale Aktionsplan (NAP) gegen Radikalisierung geschaffen. Die aktuell dritte Version davon legt einen Fokus auf die Präventionsarbeit bei Jugendlichen.
Die digitale Welt: Ort für Radikalisierung und Toolbox für Kriminelle. Neue Phänomene der Cyberkriminalität wie Echtzeit-Phishing oder der Missbrauch von Kryptowährungen zur Terrorismusfinanzierung fordern viel von der Polizei. Wenn Täter in Echtzeit Zugangsdaten abgreifen und Finanztransaktionen in die eigene Tasche umleiten oder mit Kryptowährungen kriminelle Netzwerke finanzieren, geschehen die Taten im virtuellen Raum. Die Konsequenzen manifestieren sich aber in der realen Welt: Opfer sind nicht Bits und Pixel, sondern Menschen.
fedpol reagiert darauf nicht allein mit Ermittlungen, sondern auch durch Prävention, internationale Kooperationen, Informations- und Wissensaustausch. fedpol muss die Kriminalität nach wie vor in der realen Welt bekämpfen, braucht aber die geeigneten Tools, um sie in der virtuellen Welt aufzuspüren.
Organisierte Kriminalität agiert heute arbeitsteilig, vernetzt und flexibel. Mithilfe von Daten aus dem verschlüsselten Messengerdienst Sky ECC deckt fedpol weitreichende Betrugs- und Geldwäschereinetzwerke auf, die länderübergreifend operieren. Diese Erkenntnisse fliessen direkt in umfangreiche Ermittlungen ein – mit Verhaftungen in der realen Welt.
Sicherheit und Freiheit: zwei Seiten derselben Medaille. Ohne Sicherheit keine Freiheit und ohne Freiheit keine Sicherheit. Dieser Balanceakt erfordert eine klare Strategie, die Wissen, Zusammenarbeit und Vertrauen miteinander verbindet. Schwerstkriminelle vernetzen sich global, dasselbe muss die Polizei tun. Mehr denn je.
«Schwerstkriminelle vernetzen sich global, dasselbe muss die Polizei tun.»
Anfang 2025 nahm die bisherige Direktorin Nicoletta della Valle Abschied von fedpol und legte die Führung in die Hände ihrer Nachfolgerin Eva Wildi-Cortés: «Über zehn Jahre durfte ich fedpol im Dienst für die Schweiz führen. fedpol hat sich in dieser Zeit grundlegend verändert. Von einer Organisation, die einst als behäbig galt, hat sie sich zu einer zentralen Drehscheibe für nationale und internationale Kriminalitätsbekämpfung und Sicherheit entwickelt. Die Zusammenarbeit mit den Kantonen und internationalen Partnern ist enger geworden, die Digitalisierung hat neue Möglichkeiten eröffnet, und spezialisierte Teams tauschen ihr Wissen weltweit aus. Eine solche Transformation ist nicht immer einfach und verlangt von allen einen hohen Einsatz. Doch sie hat fedpol dahin gebracht, wo sie heute steht: eine moderne, vernetzte Bundespolizei, die einen wesentlichen Beitrag für die Sicherheit unseres Landes leistet.»
Nun ist es an der neuen Direktorin Eva Wildi-Cortés, diesen Weg weiterzugehen. Nicoletta della Valle: «Ich wünsche ihr viel Erfolg und die Kraft für die Entscheidungen, die eine fedpol-Direktorin treffen muss. Die Herausforderungen werden für fedpol nicht kleiner. Ich bin überzeugt, dass Eva Wildi-Cortés und fedpol diese Aufgaben mit einem stabilen Fundament, engagierten Teams und starken Partnern meistern werden – mit Mut, Weitsicht und einem klaren Blick für das, was kommt.»
Und das, was 2024 war? Das lesen Sie in unserem Jahresbericht:
Die Verhaftung von Geldautomatensprengern. Das Hamas-Verbot. Eine Entführung auf der Migrationsroute und die Erpressung des Bruders in der Schweiz. Die weltweite Operation JACKAL gegen die nigerianische organisierte Kriminalität. Tschetschenische Menschenschmuggler, die Menschen durch die Schweiz schleusen. Ein international eingefädelter Schlag gegen Pädokriminalität. Die Ukraine-Konferenz auf dem Bürgenstock. Die Olympischen Spiele in Paris. Oder ein zentrales Element zur Erkennung von gefälschten Dokumenten.
Diese und viele anderen Fälle des Jahres 2024 finden Sie in unserem Jahresbericht. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre!
Was tut fedpol?
fedpol bekämpft in der Schweiz und international Terrorismus und Gewaltextremismus, organisierte und schwerste Kriminalität sowie Wirtschaftskriminalität. fedpol schützt Personen, Behörden und Gebäude des Bundes. fedpol entwickelt und betreibt nationale Informationssysteme und erfüllt Aufsichts-, Bewilligungs- und Vollzugsaufgaben im Waffen- und Sprengstoffrecht. Ausserdem sorgt fedpol für die nationale und internationale Polizeikooperation und den Informationsaustausch. Damit leistet fedpol einen Beitrag zur Wahrung der inneren Sicherheit und zum Schutz von Demokratie und Rechtsstaat.